Warum Medikamente bei Frauen und Männern unterschiedlich wirken

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Forschung Dr. Susanne Rosenthal, Rheinische FH Köln
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Frauen in Studien
Frauen in Studien Dr. Susanne Rosenthal, Rheinische FH Köln

Warum Medikamente bei Frauen und Männern unterschiedlich wirken - Nachbericht Online Speed-Talk, 26.09.2022

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz (KI) in der pharmazeutischen Forschung und wieso ist gerade die geschlechtsspezifische Datenbasis dabei ein besonders wichtiger Aspekt?

Diesen und weiteren Fragen ging der Kurzvortrag von Dr. Susanne Rosenthal, Rheinische FH Köln, auf den Grund. Dabei ging sie einerseits darauf ein, in welchen Stadien der Medikamentenentwicklung KI-Methoden bereits einen wertvollen Beitrag leisten können. Andererseits wurde ein Blick auf die Datengrundlage geworfen, denn eine grundlegende Frage interessierte die Anwesenden am meisten: Sind Frauen in diesen Daten eigentlich hinreichend repräsentiert?

Licht ins Dunkel bringen

Eine Frage, die vielschichtiger ist, als zunächst gedacht. Rosenthal stellte die Grundlage der Forschung zur Entwicklung eines fluoreszierenden Moleküls zur Krebszellendetektion vor – dahinter steckt ein immens komplexes (Fach-)Wissen und eine Forschungslaufzeit von weit über einem Jahrzehnt hinaus. Dabei geht sie vor allem auf von dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekte in der Förderlinie „Biophotonik–Licht für die Gesundheit“ ein, die die frühzeitige Krebszellenerkennung als Ziel haben. Ein Thema, dass auch für Frauen wichtig ist.

Zu wenige Frauen in Studien vertreten

Warum ist nun der Fokus auf Frauen bei der Entwicklung von Wirkstoffen so wichtig – vor allem im Hinblick auf KI? „Tatsächlich gibt es ein Problem bei Medikamenten. Der Weg von diesen durch den Körper der Frau ist zeitlich anders als bei Männern durch die unterschiedliche Anzahl von Enzymen bei den Geschlechtern“, fasst Rosenthal zusammen. Dies ist wesentlich, denn Enzyme sind die Aktivatoren der Wirkstoffe. „Das hat aber wahrscheinlich kaum jemand – vor allem als weibliche Patientin – von ihrem Arzt/ihrer Ärztin mal gehört.“ Fatal! Denn der Geschlechterunterschied hat demnach eine unterschiedliche Dosierung des Medikaments zur Folge, um gleiche Heilungschancen bei Frauen und Männern zu erreichen. Unterm Strich können unerwünschte Nebenwirkungen bei Frauen also öfter auftreten. Um diese Aspekte besser in der Forschung berücksichtigen zu können, müssen Wirkstoffe an mehr Frauen getestet werden. Diese sind in vielen Studien allerdings nur in geringer Zahl vertreten. Schuld ist der Contergan-Skandal: Trotz heutiger gesetzlicher Verankerung sind in frühen klinischen Phasen nur Frauen nach der Meno-Pause oder chirurgisch sterilisierte Frauen vertreten. Eine Schwangerschaft ist ein zu hohes Risiko. Dadurch ist die Datenbasis in den klinischen Studien zur Bewertung der Effektivität und Sicherheit überwiegend männlich.

„Da besteht pharmakologischer Nachholbedarf!“

Was kann man da als (erkrankte) Frau tun? Eine pauschale Antwort gibt es da bisher leider nicht. „Gerade bei jungen Frauen, die ihren Zyklus haben, wirken Medikamente oft unterschiedlich. Auf den Beipackzetteln steht bisher auch noch nicht drauf, welche Risiken u.U. für Frauen bei einer Einnahme bestimmter Wirkstoffe auftreten können. Da besteht pharmakologischer Nachholbedarf in vielen Bereichen. Eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin ist da besonders wichtig.“ Doch es gibt eine gute Entwicklung: Die Tendenz zur Teilnahme von Frauen an klinischen Studien steigt in den ersten Phasen (Phase 1: 10 –40%; Phase 2: 30 –80%), was hoffentlich eine baldige gleichberechtigte Repräsentanz weiblicher Gesundheit in der pharmazeutischen Forschung zur Folge hat.

 

Autorin: Laura Kanthak

Autor*in
Laura Kanthak