Tulpenmanie

Was hat der berühmte, niederländische Maler Rembrandt mit den wachsenden, modernen Formen der heutigen, europäischen Immobilienwirtschaft zu tun? Naja, Sie denken natürlich zuerst an die berühmten Kunstmuseen und Kulturmeilen in unseren Städten, die zu Magneten für Besucher und Touristen geworden sind. Natürlich gibt es diesen Zusammenhang, aber es gibt noch einen anderen.

Rembrandt war nicht nur ein herausragender Künstler, er war auch ein leidenschaftlicher Spieler mit Spaß an der Spekulation. Diese Leidenschaft macht ihn dann jedoch (wie viele andere auch) zum Opfer der sogenannten Tulpenmanie. Tulpen waren seit ihrer Einführung in die Niederlande in der zweiten Hälfte des 17 Jahrhunderts ein echtes Liebhaberobjekt. Sie wurden damals in den Gärten des gebildeten Bürgertums, der Künstler und der Aristokratie kultiviert. Dann kam der kommerzielle Handel mit Tulpen hinzu. In den 1630er Jahren steigerten sich die Preise für Tulpenzwiebeln auf ein extrem hohes Niveau. Irgendwann wurden dann überhaupt gar keine Zwiebeln mehr gehandelt, sondern Sortennamen und Anteilsscheine. Auf dem Höhepunkt dieser Manie kostete eine Tulpenzwiebel mehr als ein Haus. Bis der Markt zu Beginn des Februars 1637 abrupt einbrach und halb Holland und eben auch Rembrandt ruiniert waren.

Die Tulpenmanie wird als die erste relativ gut dokumentierte Spekulationsblase der westlichen Wirtschaftsgeschichte angesehen. Seither wird die Tulpenmanie als Metapher für Krisen, die aus Spekulationsgeschäften entstehen, genutzt. Die Tulpenmanie und ihre inneren Entwicklungsmuster und der Frage, wie konnte es zu dieser Manie, zur Blase und zum Zusammenbruch kommen, ist Gegenstand vieler wissenschaftlicher, literarischer und auch filmischer Betrachtungen geworden.

Was hat aber nun wiederum die Tulpenmanie mit der heutigen Immobilienwirtschaft zu tun? Nun ja, dazu gab es in dieser Woche eine interessante Meldung, übrigens wieder aus den Niederlanden, genauer aus Amsterdam. Dort heißt es:

"Es gibt zu viele süße Waffeln, zu viele teure Käsestücke und zu viele fragwürdige Andenken in Amsterdam" – finden zumindest die Einwohner im Zentrum der Grachtenstadt. Mit ihrem Klagen haben sie nun im Stadtrat Gehör gefunden. Im Zentrum von Amsterdam dürfen nun keine neuen Geschäfte eröffnet werden, die sich vor allem an Touristen richten. In großen Teilen der Innenstadt würden weitere Fahrradverleiher, Ticketshops oder Besucherattraktionen nicht mehr zugelassen, teilte die Stadtverwaltung der niederländischen Metropole mit.

Solche oder so ähnliche tourismuskritischen Nachrichten gab es in den letzten Wochen und Monaten ja auch aus anderen europäischen Städten wie Barcelona, Rom, Berlin oder auch von der Insel Mallorca.

Was steckt dahinter? Aufkommende Fremdenfeindlichkeit oder eher Verdruss über schrankenlose Umnutzungen von Städten und Immobilien für touristische Zwecke? Manche sehen in dieser Kritik am Tourismus in den Metropolen vor allem die zweite Variante der Erklärung. Sie sehen darin versteckte, aber deutliche Vorboten einer größeren Immobilienkrise, eine Art "Tulpenmanie für die Immobilienwirtschaft".

Airbnb, Ferienwohnungen, Hotelkomplexe und gastronomische Erlebnisbauten sind ja die baulichen Voraussetzungen für immer mehr Städtetouristen in Europa. Günstige Flüge und spottbillige Reisepakte leisten ihr übriges.

In der Tat hat die Tulpenmanie aus dem 17. Jahrhundert gezeigt, dass jeder Krise, eine Akzeptanzkrise vorausgeht. Auch die Finanzkrise aus unserem Jahrhundert, die ja gerade erst neun Jahre zurückliegt, hat dieses Muster bestätigt. Es ist sicher so, dass die Immobilienentwicklung in den europäischen Hot Spots in den nächsten Jahren nicht auf dem gleichen Niveau weiter verlaufen wird. Ob es jedoch zu einem Zusammenbruch oder lediglich zu einer Abkühlung kommt, ist überhaupt nicht entschieden. Es gibt nur diesen mahnenden Satz, dass die "Hand, die uns füttert, auch die Hand die uns den Hals umdreht", sein kann.

Der Dortmunder Immobilienmarkt ist hingegen von einer überhitzen Blasenbildung weit entfernt. Sicher, auch unser Immobilienmarkt hat sich verändert: weniger Leerstand in Büro- und Wohnimmobilien, steigende Preise und Mieten kennen auch wir. Aber die Dimensionen aus den europäischen Metropolen sind deutlich andere. Deshalb sind steigende Besucherzahlen, mehr Übernachtungen, mehr Hotels und Gastronomiebetriebe in Dortmund keine Ausläufer einer europäischen Blasenwirtschaft, sondern eine nachholende Entwicklung an einem sich insgesamt entwickelnden Standort.

 

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